Wie hat es sich
angefühlt, das erste Exemplar von «Ailcos Fluch» in den Händen zu halten?
Das erste Exemplar, das ich in den Händen hielt, war ein
recht früher Probedruck – und das war ziemlich ernüchternd. Durch den einfachen
(und schlechten) Word-Buchsatz zusammen mit dem weißen Papier wirkte das Buch
wie eine Doktorarbeit und nicht wie ein Roman. Außerdem waren die Farben des
Covers nicht so, wie ich sie mir vorgestellt hatte. Da musste ich also nochmal
ran ...
Der zweite Probedruck mit ordentlichem Buchsatz,
cremefarbenem Papier und den richtigen Coverfarben war dann schon deutlich
zufriedenstellender. Nur die blöde Banderole, die Amazon auf das Cover von
Probedrucke druckt, störte.
Das wirkliche Hochgefühl kam erst, als die Kartons mit den
Rezensionsexemplaren kamen. Da kam schon ein wenig Stolz und Freude durch.
Dazu sollte jedoch gesagt werden, dass Ailcos Fluch nicht meine erste Veröffentlichung war, sondern lediglich der erste Roman. Ich arbeite seit vielen Jahren an meinem Rollenspielsystem »Samyra«, in dessen Welt Ailcos Fluch spielt. Für das Rollenspiel sind bereits zwei Regelwerke erschienen. Das Hochgefühl einer Erstveröffentlichung hatte ich daher schon an das Grundregelwerk »vergeben«.
Erstaunlicherweise bekomme ich von anderen Leuten mehr Anerkennung für die Veröffentlichung des Romans als für die Regelwerke, obwohl die Regelwerke sehr viel mehr Arbeit waren und um ein Vielfaches mehr Text beinhalten.
Aber ich schweife etwas von der Frage ab ...
Womit hast du beim
Schreibprozess Mühe und was macht dir am meisten Spass?
Bei Ailcos Fluch haben sich vor allem die Dialoge oftmals
heftig gewehrt. Jetzt, beim Schreiben des zweiten Bandes, gehen sie mir
deutlich einfacher von der Hand, dafür sträuben sich die Beschreibungen von
Orten und Personen mehr. Das liegt vor allem daran, dass ich sie lebendiger
gestalten möchte als in Ailcos Fluch, wo viele Beschreibungen (überspitzt
ausgedrückt) nur aus »Die Decke ist weiß, der Boden aus Holz, links steht ein
Regel, in der Mitte ein Tisch« bestehen. Da gibt es schönere Formulierungen –
doch die zu finden, bereitet an mancher Stelle Mühe.
Was mir sehr leicht fällt, sind Actionszenen, insbesondere
Kämpfe. Ich denke, das liegt an meiner Rollenspielerfahrung. Am Spieltisch
laufen Kämpfe rundenbasiert ab, und darauf greife ich auch beim Schreiben
zurück. Dadurch lassen sich selbst hektische Kämpfe mit zahlreichen Beteiligten
vernünftig strukturieren und recht einfach schreiben. Ein klares Bild der
Handlungen, der Bewegungsabläufe etc. erleichtert dann schließlich die
Beschreibung.
Abseits des reinen Schreibens mag ich die Planung der
Handlung – hier noch etwas einbauen, dort eine (hoffentlich) unerwartete
Wendung, hier noch ein wenig am Charakter schrauben, vielleicht doch noch einen
Schauplatz mehr? Das macht Spaß und auch hier kommt mir wieder meine
Rollenspielerfahrung zugute – und natürlich die genaue Kenntnis meiner selbst
entwickelten Welt mit ihren Eigenschaften, Rassen, Kulturen etc.
Sehr viel Freude macht es mir, wenn mich meine Charaktere
überraschen und einfach nicht das tun, was ich für sie geplant habe, sondern
sie sich aufgrund des Schreibflusses entwickeln. Die meisten dieser
»Missgeschicke« versuche ich zu verwenden und einzubauen – selbst wenn das
bedeutet, dass ich nochmal zig Kapitel überarbeiten muss, damit alles
harmoniert. Aber wenn der Charakter gerne so sein möchte, dann möchte ich ihm
nicht im Wege stehen. ;)
Bist du ein
Plotter/Planner oder ein Pantser?
Du stellst ungünstige Fragen. Ich habe sowieso das Gefühl
schon viel zu viel zu schreiben – und auch hier geht es nicht kurz.
Ailcos Fluch hat eine relativ lange Entstehungsgeschichte.
Als ich 2012 endlich aus meiner Lose-Zettel-Sammlung ein Regelwerk für mein
Rollenspiel gemacht habe, war es mir zu langweilig, einfach nur Regelkapitel zu
schreiben. Es fehlte die Atmosphäre, die kleinen Details der Welt, die
Charakterzüge der Rassen etc.. Daher beschloss ich, jedes Kapitel mit einem
Teil einer Geschichte zu beginnen, die sich durch das gesamte Regelwerk zog.
Plotten war damals ein Fremdwort für mich (bzw. durch mein Architekturstudium
mit einer anderen Bedeutung belegt). Das einzige Ziel war, dass der Inhalt des
Geschichtsteils ungefähr mit dem des Regelteils zusammenpasste. Daraus entstand
die Idee einer »Stadtführung«, in der die Protagonisten auf unterschiedliche,
passende Örtlichkeiten und Personen trafen. Die »Handlung« entstand dann
dadurch, dass ich mir irgendwas ausdenken musste, warum sie dort waren. Mit
Plotten hatte das ganze recht wenig zu tun, es »passierte« einfach so während des
Schreibens. In dieser Phase war ich also ein reiner Pantser.
Die Idee war eigentlich, die Geschichte in den weiteren
Regelbänden fortzuführen, doch das stellte sich schon beim nächsten Band als
nicht praktikabel heraus. So blieb die Geschichte unvollendet.
2018 habe ich dann den Entschluss gefasst, sie endlich
abzuschließen – nicht zuletzt auf Drängen meiner Frau und einiger Spieler, die
gerne wissen wollten, wie sie weitergeht. Ich hatte mir vorher nie Gedanken
darüber gemacht, wie sie enden oder wo sie hinführen soll. Ich habe allerdings
schnell gemerkt, dass ich kaum eine Chance hatte, die teilweise recht
vermurkste Geschichte hinzudrehen, ohne ihren weiteren Verlauf zumindest in
Ansätzen zu planen. Daraus entstand dann Ailcos Fluch. Dennoch waren nur die
Grundzüge geplant, vieles passierte nach wie vor während des Schreibens. In der
Phase war ich also irgendwie ein Zwischending zwischen Plotter und Pantser.
Jetzt, beim zweiten Band, bin ich vollends zum Plotter
geworden. Das liegt vor allem daran, dass die Fortsetzung als Zweiteiler
geplant ist und ich dort deutlich mehr Übersicht brauche, damit alles
zusammenpasst und die Spannungsbögen und Charakterentwicklungen nicht völlig
aus dem Ruder laufen. Ich bin also jetzt beim Plotter angekommen und bin damit
sehr zufrieden. Ich bin mir zwar sicher, dass ab und an auch mal wieder ein
Charakter machen wird, was er will, aber ich bin jetzt besser darauf
vorbereitet.
Wieso hast du dich
fürs Selfpublishing entschieden?
Weil ich veröffentlichen wollte. Ich bin zwar der Meinung,
dass ich ein gutes Buch geschrieben habe, aber dennoch ist die Chance, einen
Verlag zu finden, verschwindend gering und vor allem mit viel Aufwand
verbunden. Dazu hatte ich schlicht keine Lust. Exposés schreiben und Agenten
anheuern, nur für die minimale Hoffnung, einen Verlag zu finden? Das war mir
einfach zu viel Arbeit. Und selbst wenn sich ein Verlag gefunden hätte, hätte
es vermutlich danach noch lange gedauert, bis das Buch überhaupt erschienen
wäre. Wozu der ganze Umstand, wenn es über das Selfpublishing so einfach,
entspannt und kostenlos geht?
Abgesehen davon habe ich mir noch nie gerne in meine
Projekte reinreden lassen. Ich mag es, dabei über alles die Kontrolle zu haben
(übrigens ganz im Gegensatz zu meinem restlichen Leben, da gebe ich gerne mal
die Kontrolle ab). Und zumindest ein stückweit hätte ich die abgeben müssen. Abgesehen
davon war es für mich als selbstständiger Web- und Printdesigner kein großes
Unterfangen, Buchsatz, Cover, Website etc. selbst zu erstellen.
Also kurz zusammengefasst: Faulheit, Ungeduld und die
Befürchtung eines Kontrollverlusts.
Was hältst du von den
Vorurteilen gegenüber Selfpublishing?
Genauso viel wie von allen Vorurteilen: Nichts. Vorurteil
bedeutet ja nichts anderes, als dass sich jemand nicht fundiert mit etwas
auseinandergesetzt hat und ein pauschalisiertes Urteil über etwas fällt, von
dem er eigentlich keine Ahnung hat. Das wird keinem Thema gerecht, dem
Selfpublishing auch nicht. Sicher gibt es im SP viele Bücher, die es nie durch
die Qualitätssicherung der Verlage geschafft hätten – manche auch völlig
zurecht. Doch auch bei Verlagsbüchern gibt es sehr schlechte Vertreter. Und
wenn man auf der anderen Seite sieht, dass viele ehemalige Verlagsautoren ihre
Backlists im SP veröffentlichen oder sogar zweigleisig fahren, kann das SP ja
nicht ganz schlecht sein. Ich sehe das SP eher als Möglichkeit, Bücher zu
veröffentlichen, die nicht nach allen gängigen Standards glattgeleckt sind –
und wie alles, was vom Standard abweicht, hat auch das SP daher mit Vorurteilen
zu kämpfen.
Dein meistgehasstes
Klischee gegenüber Autoren?
Öhm... ich kenne gar keine. Mal davon abgesehen, dass alle
leidenschaftlichen Autoren irgendwie einen an der Waffel haben - genauso wie
auch alle anderen Menschen, die sich leidenschaftlich mit etwas befassen. Da
wären wir dann wieder bei den Vorurteilen (Klischees sind ja letztlich nichts
anderes.), die ja nur daraus resultieren, dass man vom Standard abweicht. Bei
uns Autoren kriegen das nur mehr Leute mit. ;)
Angenommen du bist im
Besitz einer Zeitmaschine und könntest damit in die Vergangenheit reisen. Was
würdest du deinem früheren Ich bezüglich des Schreibens und Veröffentlichens
sagen?
»Fang früher an und warte nicht erst 30 Jahre!« Mein erstes
»Buch« habe ich mit acht Jahren geschrieben, ich wollte schon immer
Schriftsteller werden. Aber ich habe mich den gesellschaftlichen Standards
gebeugt und meine Leidenschaft in den Hintergrund gestellt. Heute bereue ich
das, freue mich aber gleichzeitig, dass ich meinen Weg endlich gefunden habe.
Aber nicht auszudenken, wie viele Bücher ich in den vergangenen Jahren hätte
veröffentlichen können ...
Du könntest für den
Rest deines Lebens nur noch eine der beiden Tätigkeiten ausüben: Lesen oder
Schreiben?
Schreiben. Irgendwo muss der Quark aus meinem Kopf ja hin.
Lesen würde nur noch mehr produzieren, ich glaube, das würde ich auf Dauer
nicht aushalten. ;)
Welche Ziele hast du
als Autor noch?
Ich bin ja noch ganz am Anfang. Erstmal eine Fanbase
aufbauen, fleissig weiterschreiben, besser werden. 2019 sollen der zweite und
dritte Teil von Ailco erscheinen. Das fühlt sich nach einem recht straffen Ziel
an, aber ich werde hart daran arbeiten, es zu erreichen. Alles andere wird die
Zeit zeigen. Ideen habe ich dank meiner ausgearbeiteten Welt unzählige, es
werden also weiterhin Bücher folgen.
Schaut auf seiner Website vorbei, wenn ihr mehr erfahren wollt: https://www.kai-kemnitz.de/content/buch
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