Sonntag, 27. Januar 2019

Marco und Dima {Rezension}

*Werbung, unbezahlt
Guten Abend! Nach einer kleinen Auszeit melde ich mich wieder mit einer Rezension. Heute Abend stelle ich euch das Buch «Marco und Dima» vor.
Vielen Dank an die Autorin für das Rezensionsexemplar!

Marco und Dima von [Vivo, Bela]

Eckdaten

Titel: Marco und Dima
Autorin: Bela Vivo
Format: Taschenbuch
Seitenzahl: 226
Verlag: SP



Inhalt

Berlin 1993. Der arbeitslose Skinhead Marco macht – wie viele andere in Deutschland – Einwanderer und Asylanten für seine missliche Lage verantwortlich.

Eines Abends trifft er in einer Kneipe auf den jungen Spätaussiedler Dima, der erst vor Kurzem mit seiner Familie von Russland nach Deutschland gezogen ist. Im Gegensatz zu seinem älteren Bruder Yury ist Dima voller Optimismus und will sich schnell integrieren.

Nach einem verhängnisvollen Streit mit Dima und Yury flieht Marco ins Ausland, wo sich ihm eine neue aufregende Welt offenbart. Zeitgleich holt ihn ein altes Geheimnis ein, das ihn letztendlich mit dem jungen Spätaussiedler Dima verbindet.



Meine Meinung

Cover und Titel: Das Cover gefällt mir. Es sieht professionell auf und passt gut zur Geschichte. Der Titel verrät nicht viel über die Geschichte, ist aber passend.

! Achtung, dieser Teil der Rezension enthält Spoiler !
Schreibstil: Ein grosses Problem mit dem Schreibstil ist, dass viel erzählt und wenig gezeigt wird. Zum Beispiel auf Seite 212: «Marcos Tod ist wahnsinnig tragisch.» Dieser Satz hat mich nicht dazu gebracht in Tränen auszubrechen, er hat mich eher zum Schmunzeln gebracht. Denn wenn uns die Autorin erklärt, dass der Tod wahnsinnig tragisch ist wieso sollen wir das glauben?
Ebenfalls gestört haben mich Füllwörter wie zum Beispiel ziemlich. Das wirkt so unsicher. Als wollte man keine klare Aussage machen, nur mit dem grossen Zeh ins Wasser, anstatt den Kopfsprung zu wagen.

Zu Beginn ist Marcos Ausdrucksweise gewöhnungsbedürftig, er verschluckt Endungen und nimmt definitiv kein Blatt vor den Mund. Ich finde es aber grossartig, dass er eine klare Ausdrucksweise hat, die sich von Dimas stark unterscheidet. Es ist wichtig, dass beide ihre eigene Stimme haben.

Inhalt und Charaktere: Der Start war für mich schwierig. Das Buch beginnt mit einem Infodump. Das erste Kapitel ist aus Marcos Sicht geschrieben. Er erzählt über die Situation in Deutschland, ohne, dass etwas passiert. Das Gleiche mit dem zweiten Kapitel aus Dimas Sicht. Ich fühlte mich wie in meinem Geschichtsunterricht. Es geht zu lang, bis endlich etwas passiert. Natürlich ist es wichtig, dass wir die Hintergründe der Charaktere verstehen, aber nicht alles auf einmal. Das machte es schwierig für mich, in die Geschichte hineinzufinden.

Die Autorin hat sich mit diesem Buch einiges vorgenommen. Es behandelt ernste Themen wie Ausländerfeindlichkeit, Intoleranz, Gewalt und Hass. Aber manchmal habe ich der Geschichte das einfach nicht abgekauft. Die Inhalte kommen zu oberflächlich und eindimensional daher und wirken überspitzt.
Zum Beispiel auf Seite 35: Dima wurde angeschossen und liegt im Sterben, er denkt «Meinetwegen tat es mir nicht wirklich leid. Es sind schon unzählige junge Menschen gestorben, viele bereits im Kindesalter. Warum sollte mein Tod etwas Besonderes sein?». Das ist zwar nobel, aber aus meiner Sicht unrealistisch. Dima erscheint mir nicht wie jemand mit Todessehnsüchten und ich wage zu bezweifeln, dass irgendeine Person, die nicht ernsthafte Probleme mit seiner psychischen Gesundheit hat, denken würde, dass er eigene Tod keine grosse Sache ist. Auch Dimas weiteres Handeln ist davon geprägt. Er ist nicht wirklich traurig und wütend und deshalb war ich es auch nicht. Sein Tod war mir, böse gesagt, genauso egal wie ihm.

Überhaupt haben die Charaktere oft philosophische, komplexe innere Monologe, die ich ihnen einfach nicht abkaufte. Zum Beispiel Marco, der auf Seite 70 ganz nebenbei über die Käuflichkeit, Kapitalismus und unsere Blindheit sinniert. Das wirkt aufgesetzt und seltsam.

Dima macht im Buch keine grosse Entwicklung durch, während Marco eine komplett neue Perspektive entdeckt. Einerseits gefällt mir diese Entwicklung, andererseits ging sie zu schnell und zu einfach. Dieser Mann hat sein ganzes Leben von einem Hass gezehrt, der dann praktisch mit einem Fingerschnippen aus der Welt geschafft ist? Mir fehlte der innere Konflikt, Zerrissenheit.

Ich muss sagen, das Ende habe ich nicht vorhergesehen. Ich hätte nicht erwartet, dass Marco ebenfalls sterben würde. Was ich am Ende mag, ist dass es den Kreislauf aufzeigt, diese Spirale der Gewalt, die immer weiterdreht. Das ist ernüchternd, doch am Schluss gibt uns die Autorin einen kleinen Hoffnungsschimmer, der einen das Buch Licht-am-Ende-des-Tunnels-sehend zuschlagen lässt.
! Spoiler Ende !



Fazit

Die Geschichte hat einige Probleme. Eindimensionale Charaktere, Infodumps, Füllwörter, fehlende Konflikte und trotzdem konnte es mich am Ende doch noch überzeugen. Das Buch lässt einem mit einem mulmigen Gefühl und trotzdem mit Vergebung und der Hoffnung auf eine andere Welt zurück.



Bewertung

⭐⭐⭐ / 5



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